Portrait von mir mit Sonnenhut und oranger Bluse

Ich wurde eingeladen von den Nikas bei ihrer Blogparade teilzunehmen.

Thema ist: Gesellschaft und Trauma.

Das hat mich sehr zum Nachdenken gebracht und mich auch an viele Situationen in meinem Leben erinnert.

Der folgende Artikel ist daraus entstanden.
Danke den Nikas für die Einladung und den Impuls.

Schockstarre – mitten im Alltag

Ich bin groß. Ich bin laut. Ich kann mich durchsetzen.
Dachte ich.

Neulich in der Stadt war ich mit einer Freundin unterwegs
sie: klein, zierlich, eher leise.
Ich: die mit der großen Klappe, zwanzig Jahre älter, erfahren, durchsetzungsfähig.
Ein paar Meter vor uns: ein Paar; erst Worte, dann Lautstärke, dann Bedrohung. Der Mann brüllt, geht auf seine Begleiterin los. Die Luft wird dick.

Meine Freundin reagiert sofort. Geht dazwischen, schreit den Kerl an. Der war so verblüfft daß er tatsächlich ging.
Klar, mutig, ohne zu zögern.
Ich? Ich stehe da.
Bewegungslos. Sprachlos. Erstarrt.

Ich sehe alles, aber ich kann nichts tun.
Ich will handeln. Wirklich.
Aber mein Körper macht nicht mit.
Ich bin da – und gleichzeitig wie weg.

Totale Schockstarre.

eine rote Rose, komplett mit Eis bedeckt in mitten einer blühenden Sommerwiese. Symbolbild für Schockstarre und emotionale Blockade

Innere Stärke – und trotzdem hilflos?

Danach kam die Scham. Die Selbstverachtung. Die Frage: Was stimmt nicht mit mir?
Ich bin doch sonst stark. Ich habe kein Problem damit, aufzutreten, zu führen, laut zu sein.
Und trotzdem: Wenn ein Mann bedrohlich wird, versagt alles in mir. Meine Stimme wird klein, mein Blick weich. Ich vermeide Augenkontakt, ich spüre mich kaum noch.

Ich habe mich jahrelang dafür geschämt. 
Bis ich begriff:

Das ist keine Charakterschwäche. Es ist eine körperliche Schutzreaktion.

Mein Nervensystem hat gelernt: Wenn es gefährlich wird … stillhalten.
Klein werden. Unsichtbar sein.
Damals vielleicht überlebenswichtig. Heute nur noch lähmend.

Aber eben kein persönliches Versagen.

Wann oder wo meine Nerven das gelernt haben, keine Ahnung, ist auch nicht mehr wichtig. Ich werde lernen es zu ändern um wieder Handlungsfähig zu werden.

Freeze ist keine Schwäche – sondern ein uraltes Schutzprogramm

Diese Reaktionen, die plötzliche Hilflosigkeit, die wegbrechende Stimme, das Gefühl, innerlich zu verschwinden, sind tief verankert im Körper. Sie gehören zur sogenannten Fight–Flight–Freeze–Fawn-Reaktion, die unser autonomes Nervensystem steuert.

💡 Studien zeigen: Frauen zeigen in belastenden Situationen überdurchschnittlich häufig Erstarrung oder Unterordnung【Quellen: Porges, 2011 / Levine】.
Und das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von tiefem Überlebenswissen.

Was wir mitgeben – und was wir wegnehmen

Ich will nicht nur über mich schreiben.
Denn das passiert ja nicht nur mir.
Diese Schockstarre, diese plötzliche Ohnmacht,  das ist kein Einzelfall, keine individuelle Schwäche.
Es ist ein Spiegel. Einer Kultur, die Jungen beibringt, stark, und Mädchen, still zu sein.

Gewalt als Ausdruck
bei Jungen oft anerzogen

Viele Jungen lernen früh:
Körper = Macht.
Wenn du dich durchsetzen willst, wirst du laut. Wenn du wütend bist, wirst du handgreiflich.
Sie kriegen Applaus fürs Kämpfen, und ein Stirnrunzeln fürs Weinen.

Bereits im Kindergartenalter werden Jungen häufiger für Durchsetzungsvermögen gelobt, während Mädchen für angepasstes Verhalten Bestärkung erfahren.

【Quelle: GEW Gender-Report, 2021

Anpassung als Überlebensstrategie
bei Mädchen

Viele Mädchen lernen:
Sei nett. Sei leise. Mach’s allen recht.
Wenn du dich wehrst – bist du zickig.
Wenn du laut wirst – bist du unangenehm.
Wenn du nichts sagst – bist du brav.

Was sie oft nicht lernen:

  • Wie man Grenzen zieht.

  • Wie man sich körperlich wehrt.

  • Wie man sich sicher fühlt – in sich selbst.

Symbolbild für Jungs und Mädchen, wobei der Junge vor dem typischen blauen Hintergrund steht und das Mädchen vor dem roten

Was das mit uns macht

Ich kenne beides:
Die Stärke, die ich mir mühsam aufgebaut habe.
Und die Hilflosigkeit, die sich trotzdem immer wieder in mir breitmacht.
Ich friere ein, nicht, weil ich schwach bin.
Sondern weil ich trainiert wurde, mich still zu halten.

Wir begegnen uns als Erwachsene,aber unsere Körper reagieren oft wie die Kinder, die wir mal waren.

Die einen laut. Die anderen stumm.
Die einen wütend. Die anderen erstarrt.
Und niemand fragt:
Wer bringt uns eigentlich bei, wie Konflikt geht ohne Gewalt?
Wie Nähe geht ohne Angst?
Wie man stark ist, ohne andere kleinzumachen?

Lasst uns darüber sprechen – nicht nur hinschauen, sondern hinfühlen

Ich schreibe das nicht, um Schuld zu verteilen.
Sondern um Muster sichtbar zu machen.
Damit wir – irgendwann – mehr sein können als das, was uns beigebracht wurde.
Damit Freeze kein Tabu bleibt.
Und Stärke nicht länger als reines „Dagegenhalten“ verstanden wird.

Weiterdenken, vernetzen, teilen

Dieser Beitrag ist Teil der Blogparade „Gesellschaft & Trauma – Was bewegt euch, wenn ihr hinseht?“, initiiert von den Nikas.
Weitere starke Stimmen und Perspektiven findest du hier 

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Teile ihn.
Sprich darüber.
Lies weiter.
Nicht, weil du musst. Sondern weil wir alle dazugehören, wenn es ums Heilen geht – auf unsere je eigene Art.

Ein Bild von mir wie ich an ein Schaufenster gelehnt stehe und mich im Fenster spiegele

Du funktionierst gerade mehr, als du fühlst?
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