Bist du auch eine von ihnen? Unsichtbare Frauen
Kennst du das Gefühl, in einem Raum zu sein und trotzdem nicht gesehen zu werden? Du sagst was – und niemand reagiert. Zwei Minuten später wiederholt ein Kollege exakt denselben Satz, und plötzlich applaudieren alle. Als wärst du das Vorprogramm vor dem Hauptact gewesen. Spoiler: Warst du nicht. Du warst die Hauptattraktion – aber offenbar mit unsichtbarem Glitzer.

Willkommen in der unsichtbaren Liga der Frauen
Frauen über 40 kennen das Spiel: Je mehr Erfahrung, desto stiller wird’s um uns. Im Supermarkt, beim Arzt, im Job. Plötzlich wirst du nicht mehr angelächelt, sondern übersehen. Der sogenannte „Gender Data Gap“, also das bewusste oder unbewusste Ausblenden von Frauen in Medizin, Forschung oder Öffentlichkeit, macht daraus ein systematisches Schweigen. (→ Mehr dazu in diesem BBC-Artikel).
Tarnmodus – ein gut trainierter Trick
Doch machen wir uns nix vor: Vieles davon haben wir gelernt. Von klein auf. Still sein, brav sein, nicht auffallen. Mädchen, die laut lachen oder sich in den Vordergrund stellen? Gab’s, aber meistens mit Augenrollen. Also haben viele von uns den „Ich halt mich zurück“-Modus perfektioniert – mit Auszeichnung.
Was dabei verloren ging? Unsere Stimme. Unsere Präsenz. Unser verdammtes Recht, gesehen und gehört zu werden.
Die Unsichtbarkeit der Frau: Mehr als nur eine Frage der Lautstärke
Neben der verbalen Unsichtbarkeit erleben Frauen auch eine strukturelle Unsichtbarkeit. Wusstest du, dass weibliche Wissenschaftlerinnen jahrzehntelang kaum Erwähnung fanden, während männliche Kollegen Preise für ihre Forschung einheimsten?
Dieses Phänomen nennt sich „Matilda-Effekt“.

Oder nehmen wir Hollywood: Während Männer im Alter von 50+ noch als Hauptdarsteller auftreten, werden Frauen jenseits der 40 häufig aus dem Rampenlicht geschoben. Dabei ist natürlich auch die körperliche Veränderung mit ein Punkt, ab dem Alter ungefähr ist die Frau nicht mehr so fruchtbar, ihr Körper verändert sich. Kein Wunder, dass so viele Frauen irgendwann denken: „Bin ich überhaupt noch sichtbar?“
Biologie spielt auch noch auf einer anderen Ebene mit: Frauenstimmen sind schwerer wahrnehmbar
Es ist da noch ein ganz anderes, biologisches Problem: Frauen sprechen in einer höheren Frequenz als Männer – und genau da liegt das Problem. Unser Gehör ist evolutionär darauf ausgelegt, tiefere Stimmen als präsenter und autoritärer wahrzunehmen. Studien zeigen, dass tiefe Stimmen mit Kompetenz und Führungsstärke assoziiert werden, während höhere Stimmlagen als weniger durchsetzungsfähig gelten. Deshalb haben viele erfolgreiche Frauen – bewusst oder unbewusst – gelernt, ihre Stimme tiefer zu modulieren. Margaret Thatcher, die erste weibliche Premierministerin Großbritanniens, trainierte ihre Stimme, um autoritärer zu klingen. Die Folge? Sie wurde ernster genommen. Falls du also das Gefühl hast, du wirst in Meetings „überhört“, liegt es nicht nur an den sozialen Strukturen – sondern auch an der akustischen Realität.

Was kann jede Frau tun, um gehört und gesehen zu werden?
1. Der „Oprah-Winfrey-Effekt“: Bewusst laut sprechen
Oprah Winfrey begann ihre Karriere als Nachrichtensprecherin – und lernte früh, ihre Stimme bewusst einzusetzen. Ihr Geheimnis? Tief atmen, langsam sprechen, keine Füllwörter. Und ja: Man darf sich Raum nehmen! Teste es: Statt „Ich wollte nur kurz etwas sagen…“ einfach direkt loslegen. (Quelle: „What I Know For Sure“, Oprah Winfrey)
2. Die „Amy-Poehler-Strategie“: Keine Angst vor Unterbrechungen
Schauspielerin Amy Poehler hat eine goldene Regel: „Wenn jemand dich unterbricht, rede weiter.“ Punkt. Probier es aus – es fühlt sich befreiend an! (Quelle: „Yes Please“, Amy Poehler)
3. Das „Echo-Prinzip“: Frauen unterstützen Frauen
Wusstest du, dass weibliche Mitarbeiterinnen in Obamas Regierung eine Strategie entwickelten, um sich gegenseitig zu stärken? Sie nannten es „Amplifikation“: Immer, wenn eine Frau eine Idee vorbrachte, wiederholte eine andere Frau sie – und verwies explizit auf die Urheberin. Wirkung? Enorm! (Quelle: The Washington Post, „White House women want to be in the room where it happens“)
4. Die „Sichtbarkeitsformel“: Erfolg nicht dem Zufall überlassen
Frauen neigen dazu, auf Anerkennung zu warten. Doch Erfolg kommt nicht von allein. Deshalb: Selbstmarketing! Eigene Leistungen bewusst kommunizieren – und ja, das darf ruhig mal laut sein.
5. Stimmtraining: Mehr Tiefe für mehr Gehör
Weil tiefere Stimmen ernster genommen werden, kann es helfen, an der eigenen Stimme zu arbeiten. Schauspielerinnen und Politikerinnen nutzen oft spezielle Stimmtrainings, um mehr Resonanz und Tiefe zu entwickeln – und damit unbewusst mehr Autorität auszustrahlen. Eine einfache Übung? Vor dem Reden tief durchatmen, bewusst langsamer sprechen und den Klang in der Brust „ankern“.
6. Die „Allianz-Taktik“: Männer als Verbündete gewinnen
Oft ist es gar nicht böswillig, wenn männliche Kollegen Frauen unterbrechen – sie sind es schlicht gewohnt. Gespräche darüber helfen, Bewusstsein zu schaffen. Und wenn männliche Kollegen aktiv Frauen Raum geben, ändert sich die Dynamik.
Kleine Geschichte vom großen „Nicht-Danke“
Letzten Sommer. Projektmeeting. Lisa (Kommunikationsprofi, klug, kreativ, mit 23 Tabs im Kopf) bringt eine geniale Idee für die neue Kampagne. Alle nicken höflich. Dann – wie aus dem Nichts – meldet sich Tom. „Also ich hätt da auch ’ne Idee…“ Spoiler: es ist Lisas Idee. Nur mit Toms Bart dran.
Und was passiert? Lob. Schulterklopfen. Applaus. Lisa? Sitzt da, wahlweise mit hochgezogener Augenbraue oder bereit, ihren Kaffeebecher zu werfen – sanft, versteht sich. Auf den Tisch. Oder Toms Flipchart.
Was Lisa damals getan hat? Sie hat’s angesprochen. Ruhig, klar, direkt. Nicht passiv-aggressiv, sondern präsent. Und beim nächsten Mal? Hatte sie das erste Wort und das letzte.
Zeit, die Bühne zurückzuerobern (und notfalls mit Glitzer zu besprühen)
Hier kommt der Twist: Es geht nicht nur darum, nicht mehr übersehen zu werden – sondern darum, sich selbst wieder zu sehen. Richtig. Ganz. Und mit allem, was dazugehört: dem Lachen, dem Weinen, dem Fluchen, den Ideen, den Bedürfnissen, der Lust am Leben.

Denn, liebe Frau, die ihre Businessschuhe ausgezogen hat: Du bist nicht hier, um leise durchs Leben zu schleichen. Du bist hier, um zu leuchten. Vielleicht nicht jeden Tag im Rampenlicht – aber auch nicht auf der Zuschauertribüne deines eigenen Lebens.
Sichtbarkeit beginnt im Alltag
Hier ein paar kleine Alltagsaktionen, die dich wieder sichtbar machen – nicht für andere, sondern vor allem für dich:
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Sag laut, was du willst – auch wenn es nur „Ich will heute Abend Chips und meine Ruhe“ ist.
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Sprich als Erste in Meetings, auch wenn dein Herz klopft wie nach drei Espressi.
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Zieh an, worin du dich groß fühlst, nicht was „seriös“ aussieht.
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Stell Fragen, auch wenn du denkst, du solltest die Antwort kennen.
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Gönn dir Bühnenzeit: einen Insta-Post, eine Rede bei der Familienfeier, einen Artikel – oder einen Karaoke-Abend.
Was die Gesellschaft braucht? Mehr „Ich bin da“-Momente
Je mehr Frauen sich zeigen, desto mehr verändert sich der Sound unserer Welt. Und wir reden hier nicht von laut sein im Sinne von „Tschakkaaa, ich bin die Queen“. Wir reden von Präsenz. Von Da-Sein. Vom mutigen, leisen, lauten, ehrlichen, schiefen, schönen Sich-Zeigen.
So wie die Schauspielerin Viola Davis sagt:
„The only thing that separates women of color from anyone else is opportunity.“
(Und wir fügen hinzu: Und Sichtbarkeit.)
Hör-Tipp: Tiziana Brunos Podcast für leise Heldinnen
Wenn du dich nach einer Stimme sehnst, die genau für dich spricht – mit Herz, Tiefgang und Klarheit – dann hör unbedingt mal in Tiziana Brunos Podcast „Leise Ladys“ rein. Sie ist wie ein warmer Kakao mit Cayennepfeffer: wohltuend und mit klarem Nachgeschmack. Für alle, die nicht laut, aber klar sein wollen.
Willst du sichtbar werden? Fang bei dir an.
Sichtbarkeit beginnt nicht auf einer Bühne, sondern morgens vorm Spiegel. Wenn du dich anschaust und sagst: „Ich sehe dich. Ich hör dich. Ich nehm dich ernst.“
Und dann gehst du raus in die Welt. Vielleicht nicht mit Megafon – aber mit einem inneren Strahlen, das sagt: Ich bin da. Ich war immer da.
Fazit mit Torte (statt To-do-Liste)
Du musst nicht lauter werden. Du darfst echter werden.
Du musst nicht „dein volles Potenzial entfalten“. Du darfst deine Jogginghose anlassen und trotzdem gesehen werden.
Und falls dich wieder jemand übergeht – denk dran: Manchmal braucht’s keinen Businessplan, sondern ein ehrliches „Stopp. Ich war noch nicht fertig.“
Und vielleicht – ganz vielleicht – eine richtig gute Zitronentarte. 🍋✨
Aber auf jeden Fall Kaffee, Kaffee geht immer.
Jetzt bist du dran: Damit LAUT zu werden, Sichtbarkeit zu üben, dir Verbündete zu schaffen. Im Café Ruhepol kannst du all das und noch mehr lernen und üben.
Erzähl mir doch wie es geklappt hat.
Bis neulich dann Deine Toni vom Café Ruhepol

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